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Falko Zauber: "Nach einer langen Tanznacht trainiert man nur halb so gut!"

 

"So oder so: das Wetter in Quin Huang Dao war grauenhaft. Die Luft konnte man förmlich zerschneiden. Wenn das hier schon so war, wie sollte es dann in Peking sein? Es gab nicht mal eine anständige Strecke für Dauerläufe, es herrschte Smog und Fischgestank. Nach etwa 4 Tagen sah man mal die Sonne. Man traute sich kaum zu atmen. Viele, wie ich, ernährten sich hauptsächlich von Melone und Reis, der Rest hing einem schnell zum Hals raus.
Das Rennen verlief vorerst ohne Komplikationen, ich führte vorher noch ein paar Gespräche mit Mitstreitern aus Australien und Südafrika. Es ging darum, dass die Teilnehmer aus Kenia oder Bahrain, oder wo immer sie auch her kamen, wohl nachweislich viel älter seien. Es war eine super Stimmung und bald randvoll im Stadion, da am selben Abend noch die spektakuläre Eröffnungsfeier stattfinden sollte. Nach dem Startschuss liefen zwei vorn etwas weg, dahinter nahm ein Pulk die Verfolgung auf. Ich war bis 400m vor Schluss noch hinter diesem Haufen, der sich teilweise bis auf Bahn drei erstreckte. Ich fühlte bis hier noch keine Probleme. Dann überholte ich an der Ziellinie schlagartig und war Dritter. Nun wurde es kontinuierlich schneller. Ich merkte noch immer nicht all zuviel, außer dass ich so langsam meine Maximalgeschwindigkeit erreichte. Das war aber jetzt schon viel zu früh. Beim Endspurt konnte ich so nicht mehr viel drauf packen. Das sieht man an der Differenz von 47 Sekunden zwischen Endzeit und der Zwischenzeit bei 1200m. Meine Konkurrenten waren auch alle schon ganz schön fertig, aber es schob sich dann auf den letzten 100m so nach und nach, einer nach dem anderen vorbei. Ausgangs der letzten Kurve war ich Vierter, im Ziel Achter. Vielleicht hatte ich etwas früh meine Kraft investiert. Die Enttäuschung war vorerst nicht so groß, denn die Erschöpfung übertraf alles bisher Dagewesene. Selten war mir so lang schlecht nach einem Rennen. Ich hätte nur rund 1 ½ sec schneller sein müssen. Enttäuscht war man eigentlich hauptsächlich, dass ich die ganze Saison immer dieses Rennen vor Augen hatte und wieder etwas schief ging."

Die restliche Zeit in Peking verbrachte man mit Zuschauen, Anfeuern und Shopping. Das war aber nicht schlichtweg nur einkaufen, sondern feilschen um jede müde Mark und dauerte -  ehe man z. B von 90Euro auf 9Euro herunter handelte -  eine Ewigkeit. Ich reiste mit sage und schreibe 7 Paar neuen Schuhen heim. Als wir einmal im Uhrenabteil waren, war plötzlich Razzia. Die Verkäufer klappten ihre Koffer hektisch zu und ließen sie unter dem Tisch verschwinden. Plötzlich lag nur noch 10% der ursprünglichen Ware da. Und das in einem Kaufhaus. Allein der Uhrenstand war so lang dass man das Ende vor Leute und sonstigem Kram nicht erkannte.
Es folgten recht lustige Abende. Oft war ich mit Robin Schembera und Sebastian Keiner unterwegs ,die letztendlich im selben Boot mit mir saßen und auch nicht ihr Finale erreichten. Die Mannschaft vertrug sich wirklich prima und auch die Eröffnungsfeier und Stimmung im Stadion übertraf alle anderen Wettkämpfe um Längen. Sobald ein Einheimischer gerade irgendwo dran war, tobte das Stadion. Allein das alles machte den Aufenthalt dort recht amüsant und man sah über so manch katastrophale Umstände auch mal hinweg.
Das Hotel in Peking war aber viel besser und man holte nun das auf ,was man im Vorbereitungslager verloren hatte. Ich  war Dauergast in der Mensa. Den Besuch auf der chinesischen Mauer, der vom DLV für alle gesponsert wurde, erlebte ich mit einem fürchterlichen Kater. Zu guter letzt schlief ich auch noch eine ganze Nacht leicht bekleidet unter der 15°C kalten Klimaanlage und war damit schön krank…So verließ ich Peking. "

Falko Zauber, so kann man sagen, nimmt kein Blatt vor den Mund. Falko Zauber aus Berlin nennt die Dinge beim Wort. "Wir waren die Versuchskaninchen für 2008." sagt er ganz klar und zitiert aus  seinem Trainingstagebuch vom vierten Tag im Vorbereitungslager: "K.O. nach dem Aufstehen, Übelkeit und Bauchschmerzen, Nutellavorrat neigt sich dem dem Ende." Die Junioren Weltmeisterschaft in China war sicherlich die größte Erfahrung im Läuferleben des Falko Zauber. Viel hat er für dieses Ziel gegeben, lange hat er darauf hingearbeitet.

> Weg zur Leichtathletik...

 "Meine Eltern, die beide sehr erfolgreiche Läufer waren, haben mich eigentlich zum Sport gebracht. In der Grundschule spielte ich noch Fußball und war dann ab der 6.Klasse fortwährend beim Training von Herrn Wessel." erzählt Falko Zauber zu seinen sportlichen Anfängen."Drei Mal die Woche spielerisches Training bei Andre Wessel: Fußball, joggen, Mehrkampf. "In der 7. Klasse bin ich dann nach ein paar Einstellungstest auf die Werner-Seelenbinder-Schule gegangen. Das ist eine Sportschule in Berlin wo alle Sportarten querdurch gefördert werden. Der Alltag dort sah meist so aus, dass man Vormittags Zeit zum Training hatte. Dann Schule bis gegen 15/16Uhr und anschließend ging's erneut zum Training. Es war aber nicht jeden Tag so." 

> Vom Mehrkampf zum Laufen

Das Talent von Falko Zauber kristallisierte sich immer mehr heraus. Diverse Berliner Meistertitel im Blockwettkampf Lauf oder Drei- und Vierkampf pflasterten seinen Weg. "Im Laufen und Springen war ich schon immer ganz gut. Zu der Zeit trainierte ich vielleicht 2 bis 3 Mal die Woche das Laufen. Wirklich spezialisiert habe ich mich aber erst ab der 10. Klasse. Meist alles ohne Trainingspartner. Es dauerte bis ich mich an diese Einsamkeit gewöhnt hatte. Während meine Freunde zum Aufwärmen  Fußballspielen durften oder sogar ganz mit Leichtathletik aufhörten, rannte ich immer allein irgendwelche Strecken die ich schnell nicht mehr sehen konnte oder war bereits auf der Bahn und drehte meine Runden. Das Training bestand zu diesem Zeitpunkt aus scheinbar endlos dauernden Intervall-Programmen. Heut kann ich mir das gar nicht mehr so vorstellen. Ich kannte es nicht anders und es schien ja zu funktionieren. Da es sozusagen eine Einzelbetreuung war, waren die Trainingspläne auch gut auf mich zugeschnitten." Hauptsächlich stammten diese von seinem Vater, Lutz Zauber. "Er hat mich noch ziemlich zurückgehalten, weil es einfach Quatsch ist im Schülerbereich schon zu viel Lauf zu trainieren." Die 1000m lief der junge Berliner als Schüler M15 schon in 2:36 Minuten, über 2000m stand eine 5:54 Minuten. Eine Trainingswoche in der direkten Wettkampfvorbereitung sah beispielsweise wie folgt aus: Montag: 40 Minuten ruhiger DL, Dienstag: Vormittag: Hürdentraining, Nachmittag: Weitsprung und Sprints, Mittwoch: 35 Minuten DL und Medizinballwürfe, Donnerstag: 6x800m in 2:32 Minuten oder 3x200m in 30 Sekunden, 2x400m in 64 Sekunden und wieder 3x200m. Freitag: Einlaufarbeit, Samstag: Wettkampf, Sonntag: langer, lockerer DL. Vielleicht kann man heute sagen, dass gerade diese breitegefächerte Mehrkampfausbildung in der frühen Schülerzeit die Grundlage gebildet hat, für das harte Training in der Gegenwart. Das Training, das man braucht um in Bereiche vorzudringen die über 1500m unter 3:40 Minuten liegen.

>Erstes Jahr B-Jugend

Im ersten Jahr als B-Jugendlicher trainierte Falko Zauber dann schon sieben Mal die Woche. "Wir haben viel Ausdauer, Athletik, Sprint- und Intervalltraining gemacht." Programme wie 3x30m maximal und 3x150m in 19 Sekunden in der direkten Wettkampfvorbereitung gab es ebenso wie 20x200m oder 6x800m in der frühen Vorbereitungsphase. Sein Trainer wusste schon damals, dass ein erfolgreicher Läufer Schnelligkeit und ein ausgeprägtes Spurtvermögen braucht. Dass sich das Training auszahlte zeigte sich schon bei den ersten Deutschen Meisterschaften in Fulda. Als Vorlaufsieger über 1500m qualifizierte er sich mit 4:06 Minuten fürs Finale. "Da war sehr viel Aufregung mit im Spiel, denn ich kannte die anderen ja nicht. Bei Landesmeisterschaften bin ich meist vorneweg gelaufen. Doch jetzt musste ich mich mit den besten aus ganz Deutschland messen." Mit Platz drei in 4:08 Minuten war Falko Zauber nicht unzufrieden, er wusste, dass da noch Potenzial war.  "Nach den Deutschen durfte ich mit zur EOF nach Paris wo ich 1500m rannte. Es war mein erster internationaler Einsatz und ich traf dort schon auf Leute mit denen ich später auch in Peking war. Hier jedoch war ich einfach noch zu unterlegen und ließ schon mitten im Rennen die Hauptgruppe davonlaufen. Die Zeiten die gerannt wurden konnte ich sicherlich auch schon und lagen so bei 3:55 Minuten, jedoch ist man bekanntlich ja dort nicht zu Hause und immer nicht ganz so fit wie man eigentlich sein will." Ende der Saison war Falko Zauber mit 3:57,42 Minuten auf Platz drei der deutschen Jugend-Bestenliste.  Der Weg war bereitet, jetzt wusste der Gymnasiast, dass er der Beste in ganz Deutschland werden konnte.

> Schwere Nebenwirkungen

Ende 2003, nach dem Länderkampf in Paris, musste Falko Zauber das erste Mal einen Rückschlag hinnehmen. "Ich bekam schwere Probleme mit Akne, das war schon ein heftiger Ausschlag. So musste ich ein Vitamin-A-Präparat nehmen. Mit den folgenden Nebenwirkungen hatte ich nicht gerechnet." Acht Monate, bis April 2004, musste das Medikament genommen werden. "Man sagte mir es hätte keinen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit, aber ich fühlte mich oft depressiv, schlapp und morgens schon völlig unausgeruht oder übermüdet. Gelenkschmerzen kamen dazu." Entsprechend fiel auch die Vorbereitung und der erste Teil der neuen Saison aus. Der Umfang ging zurück, Falko Zauber trainierte, was sein Körper zuließ. "Die Dauerläufe gingen selten über 40 Minuten, Tempo machte ich nur dann wenn ich mich wirklich wohl fühlte." Solche Phasen prägen einen Athleten, solche Phasen geben ihm in den späteren Monaten die Überzeugung, dass  es sich lohnt auch durch Täler zu gehen. Falko Zauber ließ sich schon damals nicht von seinen Zielen abbringen.

> Deutscher Vizemeister

"Ich trainierte damals schon hin und wieder mit Franek Haschke. Das war das erste Mal, dass ich wieder einen Kooperationspartner hatte." Beim übliche DLV-Trainingslager in Zinnowitz holte sich der junge Mann aus Berlin den letzten Schliff für die anstehende Freiluftsaison. "Im Mai habe ich zum Beispiel 8x500m in 80 Sekunden gemacht. Vor einem 800m Wettkampf war ein Programm 3x600m unter 1:35 Minuten, 2x300m in 43/43 Sekunden und 2x150m in 18,5 Sekunden." Ansonsten umfasste das Training 7 Einheiten verteilt auf einmal Tempo, einmal Kraft, Sprints und Dauerläufen. Die Juniorengala in Mannheim sollte 2004 das schnellste Rennen für Falko Zauber über 1500m werden. Nach 3:55,33 Minuten war er im Ziel.  Bei den Deutschen Jugendmeisterschaften in Jena schrammte Falko Zauber um 26 Hundertstel Sekunden dann an seinem ersten Titel auf deutscher Ebene vorbei. Mit 4:04,43 Minuten musste er sich nur seinem Dauerrivalen Johannes Raabe geschlagen geben. "Damit war ich schon zufrieden, immerhin war es eine weitere Medaille bei Deutschen." Ein Stufe fehlte noch auf dem Siegerpodest, eine Stufe die nicht lange auf sich warten ließ.

> Wechsel zur LG Nord Berlin

"Die komplette Saison 2004 bis zum Winter verfolgten mich ständig Probleme, wie dass meine Hände und Arme während des Rennens einschliefen, oder dass ich immer und immer wieder Seitenstechen bekam. Wohl ein  Problem mit den Nerven im Rücken."  Falko Zauber kam schließlich regelmäßig in physiotherapeutische Behandlung am OSP seiner Schule.  "Ich machte teilweise wirklich jeden Tag nervende Stabilisationsübungen. Es ging allmählich besser und mit dem Vereinswechsel war es dann so gut wie weg." Ab 2005, dem ersten Jahr als A-Jugendlicher,  startet Falko Zauber nun für die LG Nord Berlin. "Das brachte natürlich gravierende Änderungen im Training mit sich. Obwohl ich anfangs nur drei Mal die Woche mit den Jungs mitlief hielt ich es manchmal für irrsinnig und zu anstrengend. Ich weiß noch das dass erste Mal Warmlaufen ein richtiger Wettkampf für mich war." Die Intensität stieg deutlich an. Ich trainierte dann die wichtigen Einheiten vier Mal die Woche in der Gruppe, den Rest lief ich zu Hause. "Die Jungs trainieren fast jeden Tag auf der Bahn, machen 2 bis 3 Mal die Woche Tempoläufe. Das sind dann meist Läufe im Wettkampftempo mit langen Pausen. Zum Beispiel 600m/400m/300m. Intervalltraining gibt's da gar nicht und die Dauerläufe gehen eigentlich nie länger als 40 Minuten." Falko Zauber lernte die Gruppe sehr schnell schätzen, denn mit dem neuen Training kam auch ein großer Leistungsschub.

"Dennoch gab es immer wieder Unstimmigkeiten, da ich bis heute teilweise bei meinem Vater trainiere bzw. allein und dann wieder bei der LG Nord. Das liegt aber auch daran, dass ich als einziger auf einer Sportschule bin und es manchmal gar nicht geschafft habe rechtzeitig da zu sein bzw. die Leistung darunter gelitten hätte." Nach einer Woche im Trainingslager in Portugal musste Falko Zauber dem harten Training Tribut zollen und verletzte sich. Doch schnell war er wieder auf den Beinen und begann seinen Jagd auf die Norm für die Junioren EM in Kaunas. Die Jagd schien schnell beendet, als Falko Zauber mit 3:47,96 Minuten die Norm gleich im ersten Rennen der Saison unterbot. Doch er sollte noch um seinen Startplatz bei der EM bangen müssen. "Vor dem wichtigen Qualirennen, der Juniorengala in Mannheim, wurde ich plötzlich krank und musste zittern überhaupt mitfahren zu dürfen, da ich nicht startete und Christian Gerke, Rico Loy und Johannes Raabe die Norm dort schafften. Drei durften ja nur mit. Nach Protesten wurde ich Johannes Raabe vorgezogen, da ich in den Rennen zuvor meist etwas besser abgeschnitten hatte.

> Junioren EM in Litauen

"Nach einer recht langweiligen Vorbereitungswoche in Kienbaum ging es nach Kaunas. Bis auf die vielen  schönen Blondinen ,ebenfalls keine so interessante Stadt. Zum Glück kam mein Teamkollege Merlin auch mit. Man vertrieb sich die Zeit mit M-TV schauen."

Der Vorlauf über 1500m verlief für Falko Zauber dann sehr überraschend. "Ich rechnete mit einem hektischen Start stürmte los. Plötzlich war ich vorne und wurde langsamer und langsamer, damit mich endlich mal jemand überholen würde. Es geschah nichts. Erst 500m vor Schluss wurde es schnell und sie stürmten an mir vorbei. Ich rechnete ja damit und hielt noch Anschluss. Jedoch kam ich trotzdem irgendwie nicht mehr mit und säuerte und säuerte. Weit abgeschlagen kam ich ins Ziel. Ich erinnere mich nicht gern an dieses Rennen, es war einfach nur blöd. Da wäre ich lieber gestürzt oder disqualifiziert worden. “Hauptsache dabei“ tröstete mich kein bisschen. Da mein Zimmergenosse auch nicht in das Finale kam, nahmen wir es gelassen für die erste EM. Es folgte die berühmte kleine Abschlussfeier und der Kater."

> Deutscher Meister in Braunschweig

Eine Woche nach den Europameisterschaften in Litauen ging es zu den Deutschen Jugendmeisterschaften nach Braunschweig. "Ich war noch etwas niedergeschlagen und hatte Probleme mich zu motivieren." sagt Falko Zauber zu seiner Verfassung im Vorfeld der Meisterschaften. Nach einem relativ souveränen Vorlaufsieg in 3:55 Minuten wurden die Karten im Finale neu gemischt.  "Ich hinkte immer etwas hinterher. Mein Teamkamerad Johannes Riewe sorgte dann für mehr Tempo und ich zog halbherzig mit. Erst 300m vor dem Ziel wachte ich richtig auf. Gehrke und Loy, der nur noch einen Schuh hatte, hatten überholten und liefen etwas Vorsprung heraus. Ich war im Begriff ähnlich wie in Kaunas zu laufen. Doch sie wurden nicht schneller, während ich irgendwie stetig an Tempo gewann. Ausgangs der letzten Kurve war ich neben Christian und drückte und drückte ohne nachzudenken." Mit knapp einer Sekunde Vorsprung in 3:52,48 Minuten gewann Falko Zauber seinen ersten Deutschen Meistertitel. Man konnte sagen: Auch kleine Schritte führen zum Ziel.

"Die Saisonpause dauert in der Regel einen Monat. Da machen wir nur lockere Dauerläufe, spielen viel Basketball und Fußball. Wenn ich nämlich versuche drei Tage mal die Beine still zu halten - das geht natürlich nicht." Falko Zauber braucht die Bewegung, braucht den Sport.

> Der Weg nach Peking

Im Winter 2005 verletzte sich Falko Zauber am Beuger und musste einen Trainingsrückstand hinnehmen. "In einem DLV-Trainingslager habe ich hauptsächlich Kraft trainiert. Umso überraschender war es für mich, als ich bei den Deutschen Cross fast ohne Lauftraining Zweiter wurde. Da sieht man, was so ein bisschen Erholung ausmachen kann." Bei der Cross-Europameisterschaft in Tilburg musste sich der junge Berliner mit Platz 78 zufrieden geben. "Ich hab mir da irgendwas eingefangen und hab mich die ganze Zeit nur gequält. ChristianRiewe, Zauber, Rose Glatting wurde da 18. und anhand der Deutschen hätte ich mir schon einen Platz zwischen 30 und 40 gewünscht." Doch Falko Zauber verschweigt nicht, dass er den Cross, neben dem 3000m Lauf, nicht unbedingt als seine Lieblingsdisziplin ansieht. In Darmstadt, bei den Deutschen Crossmeisterschaften 2006, wurde er wieder Zweiter, holte wieder die Silbermedaille. Danach ging es ins Trainingslager nach Portugal - Falko Zauber hatte ein Ziel, Falko Zauber wollte sich für die Junioren Weltmeisterschaft in Peking qualifizieren.  "Als ich im Frühjahr 2006 wieder einen Fuß auf unsere Trainingstrecke in Portugal setzte, wusste ich bereits was mich erwartete. Schmerzen war ich mittlerweile gewohnt, dennoch ging ich mit sehr gemischten Gefühlen in die Saison. Im Vorjahr war ich bereits nach einer Woche dort verletzt, doch diesmal lief auch nach zwei alles glatt und ich war jetzt schon wild entschlossen nach China zu fahren. Schon in Dessau, beim ersten Meeting wollte ich die Norm von 3:47,5 Minuten über 1500m unterbieten."   Falko Zauber ließ seinen Worten Taten folgen. Mit 3:47,49 Minuten unterbot er die Norm um eine Hundertstel Sekunde. "Zwei Wochen später das gleiche Spiel, ein Rennen, das von Beginn an wehtat." Dieses Mal war es deutlicher. Mit 3:45,49 Minuten steigerte Falko Zauber seine Bestzeit um zwei Sekunden. "Ich fühlte mich sicher in Peking dabei zu sein."

Die Juniorengala in Mannheim gestaltete sich für Falko Zauber als recht entspannt. "Alle hetzten der Norm nach und ich hing mich einfach nur rein und lief das Rennen nach Hause. Es war das einzig wirklich angenehme Rennen diese Saison." Dann folgte die Deutschen Jugend Staffelmeisterschaften über 3x1000m bei dem das Berliner Team nicht nur Gold wollte - der deutsche Rekord schien ebenfalls machbar.

"Drei Tage zuvor bekam ich starke Beugerprobleme und konnte kaum eine Steigerung machen. Ich hatte mehr Angst mein Team im Stich zu lassen, als zu verlieren. Im Vorlauf humpelte ich ganze 1000m lang. Als ich im Endlauf meinen Stab an den letzten Läufer und in Führung übergab, konnte ich nicht mehr hinsehen." Sebastian Keiner war es, der den Berliner Schlussläufer noch abfing und die Erfurter Staffel in Rekordzeit zu Gold führte. "Ich war selten so wütend. Mein Kopf glich meinen roten Trikot." sagt Falko Zauber zum Ausgang des Rennens und fügt an: "Es war mit 7:18 Minuten zumindest Berliner Rekord."

Eine Woche später folgte die Deutsche Jugendmeisterschaft und für Falko Zauber gab es nur ein Ziel: die Titelverteidigung. "Ich fühlte mich sich so langsam psychisch etwas ausgebrannt. In den Tagen davor war ich, um mich abzulenken, abends oft unterwegs." Ein Programm aus dieser Zeit war beispielsweise 4x400m in 60 Sekunden und anschließenden Steigerungen. Die Form war da, Falko Zauber gewann seinen Vorlauf in 3:54 Minuten und wusste: "Wer hier gewinnt, der fährt nach Peking." Die Temperaturen stiegen auf 36°C, das Rennen verzögerte sich, doch Falko Zauber ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. "Jeder Läufer weiß, dass es nicht schwer ist sich hinter jemanden zu klemmen und ihn dann 100m vor Schluss zu überholen. So lief ich das Rennen und gewann in 3:52,15 Minuten meinen zweiten Einzeltitel: mein Ticket war gelöst." Das letzte Rennen vor Peking war die Kuhdamm-Meile, bei der die besten Nachwuchsläufer am Start waren. "Das war schon ganz cool, weil man da endlich mal auch etwas Geld gewonnen hat. Dazu die vielen Zuschauer und das Fernsehen. Am nächsten Tag saß ich dann im Flieger nach China."

> Auch über 3000m ganz oben

Von der Junioren Weltmeisterschaft zurück zeigte Falko Zauber eindrucksvoll, dass er auch über die doppelt so lange Strecke zu den Besten seines Alters gehört. Bei den deutschen Jugendmannschaftsmeisterschaften gewann er die 3000m in 8:27 Minuten und fand damit auch einen versöhnlichen Abschluss einer langen Saison. "Die 3000m sind mir einfach zu lang. In der neuen Saison will ich mich speziell über 800m noch deutlich steigern, denn nur so komm ich auch über 1500m weiter." sagt er und legt die Messlatte für die kommende Saison auf 3:42 Minuten. "Da bin ich dann raus aus der Jugend und muss mich sowieso erst mal neu orientieren, von daher lege ich mein Augenmerk auf meine Bestzeiten."  Langfristig sind die Ziele auch schon grob gesteckt. "Die WM 2009 hier in Berlin ist natürlich das Hauptziel. Das wäre schon klasse, wenn ich da dabei wäre. Die Olympischen Spiele 2008 - die kommen wohl noch etwas zu früh."

> Training, Trainingsgruppe

Meine Trainingsgruppe besteht momentan aus 11 Mann: Franek Haschke, Jonas Stiefel, Carsten Schlangen, Kai M. Kirchner, Alexander Hudak, Merlin Rose, Moritz Höft, Norbert Löwa, Johannes Riewe und Franz Theimer. Es ist immer sehr lustig. Vor dem Training stellt Rolli meist noch eine so genannte „Trainingsfrei-Frage“, sie kann selten beantwortet werden und falls doch, gibt’s dann trotzdem kein Trainingsfrei. Ein anderer Brauch ist, dass für erbrachte Bestzeiten oder Siege ein Kuchen mitgebracht werden muss. Deshalb wird des Öfteren  nach dem Training erstmal geschlemmt. 

Das Training bei mir zu Hause findet meist Montag, Freitag und Samstag allein bzw. mit meinem Vater Lutz Zauber statt. Es ist meist nicht ganz so anstrengend und es kommt schon mal vor, dass ich mehr trainieren will als ich soll. Aber da er nicht nur mein Vater und ein guter Trainer ist, sondern auch einer meiner besten Freunde, bringt er mich immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Er hat meiner Meinung nach das gewisse etwas, was einem Läufer noch den letzten Feinschliff gibt und handelt aus viel eigener Erfahrung, wo mein anderer Trainer nicht immer mithalten kann. Er ist selbst Läufer gewesen und hatte unter anderem DDR Meisterschaften gewonnen und eine Bestzeit von 3:38 Minuten über 1500m. Wir können manchmal ewig über Trainingssysteme diskutieren, aber es geht nicht nur um Sport und es ist nicht so schlimm ,wie es sich so mancher vorstellt, wenn man ständig seinen Trainer im Hause hat. Meine Mutter mischt sich nicht mehr soviel ein, obwohl sie selbst Europa- und Weltcup-Siegerin war und auf 1500m ein 3:59 Minuten stehen hat. Talent wurde also zweifellos in meine Wiege gelegt. Sie gingen auch beide auf meine heutige Schule, hatten sogar teilweise bei den selben Lehrern Unterricht."

> Finanzielles, Sponsoren

"Seit 2004 werde ich von Puma unterstützt. Da habe ich ein Budget, für das ich Klamotten und Schuhe bestellen kann." Ansonsten gibt's von der Sporthilfe noch 75 Euro im Monat und vom Verein für einen Deutschen Meistertitel einen Gutschein für 50 Euro. "Wir sind kein großer Verein. Andere haben einen eigenen Bus mit mit dem sie zu den Wettkämpfen fahren, wir dagegen fahren immer mit der Bahn, was dann oftmals auch ziemlich stressig ist." Doch Falko Zauber beklagt sich nicht, er weiß sehr genau die Wichtigkeit der Gruppe mit solchen finanziellen Dingen aufzuwiegen.

> Ernährung

"Ja, eigentlich alles." antwortet Falko Zauber auf die Frage nach seiner Ernährung. "Mischkost kann man das nennen, von jedem eben etwas und eben viel Kohlenhydrate. Alkohol ist auch erlaubt." Als Nahrungsergänzung kommt noch Anabol-Loges hinzu.

> Freizeit, Hobbys

"Alles in allem spielt Laufen zwar eine wichtige Rolle in meinem Leben, aber das ist nicht alles. Am meisten lockt mich momentan das Berliner Nachtleben aus dem Haus." sagt Falko Zauber, der in dieser Hinsicht in das Schema vieler Jugendlicher seines Alters passt. "Ich bin überhaupt sehr gern unterwegs: Shopping oder Discos. Kochen und telefonieren tu ich auch gern." Ein weiterer Baustein in der Freizeit von Falko Zauber ist die Musik. "Einer meiner besten und treusten Freunde ist mein MP3-Player bei Dauerläufen." Und der junge Mann aus Berlin weiß auch, dass Party und Training nicht immer unter einen Hut zu bringen sind. "Nach einer langen Tanznacht im Club trainiert es sich Sonntagmorgen um 10 nur halb so gut."

"Meine Freunde wohnen überall in der Stadt verstreut. Nichtsdestotrotz, dass man in Berlin womöglich noch viel unternehmen kann, ist es auch schon mal ganz schön langweilig. Ich geh daher sogar manchmal aus Langeweile trainieren, oder freu mich total auf den Nachmittag, wo ich meine Trainingsgruppe wieder sehe, denn ich bin ja nicht jeden Tag da. Die Wochenenden in der Saison sind ja leider oft voll gepackt mit Wettkämpfen, was ich natürlich auch nicht missen möchte. Mit unserem Trainer geht es am Vorabend eines Wettkampfes immer erst einmal ins Kino, um anschließen noch ein großes Hefeweizen zu leeren. Wer mit ihm dann auf ein Zimmer muss hat meist die schlechtesten Karten, da man ihn auch mal durch die Wände schnarchen hört…" Ja, solche Sprüche, solche Sätze machen Falko Zauber wohl aus. Er sagt was er denkt, sagt ganz offen wie er die Dinge sieht.

> Schule

Falko Zauber ist auf einem Sportgymnasium, wo er die 12. Klasse strecken konnte. Das heißt auf zwei Jahre verteilt. "Ich bin sicherlich kein Musterschüler aber schaffen tu ich’s allemal. Der Alltag in meinem so genannten gestreckten Abitur ist recht einfach. Man kann oft ausschlafen, hat viel Zeit zum Lernen und entspannen. Mancher Tag sieht bei mir so aus, dass ich gegen 10Uhr ein paar Stunden hab, dann im Kraftraum verschwinde, danach vom OSP direkt an meiner Schule in den Whirlpool spring, anschließend noch ins Solarium bevor es zum Essen eine Pizza oder Fastfood gibt." Was danach kommt ist bei Falko Zauber noch relativ offen. "Ich wüsste gar nicht was ich studieren soll. Irgendwie interessiere ich mich für vieles, aber nicht speziell für eine Sache. Wahrscheinlich werde ich erst mal den Weg über die Sportfördergruppe ansteuern und meine sportlichen Ziele vorantreiben."

Wenn man Falko Zauber zuhört, dann hört man keinen, der ein Mangel an Selbstvertrauen hat, dann hört man auch keinen der die Inhalte seiner Sätze kaschiert vorträgt. Er sagt was er denkt, er sagt wie er es denkt. Getragen wird er dabei sicher von einer Selbstsicherheit und Überzeugung, die er auch durch seine sportlichen Erfolge erlangt hat. Euphorie sucht man in seinen Erzählungen vergeblich. Sie sind nüchtern, sind deutlich, weil Falko Zauber sich nicht verstellt und nicht versucht jemand zu sein, der er gar nicht ist. Und wenn er aus seiner Schülerzeit erzählen will, oder der frühen Jugendzeit, dann wird schnell klar, dass Falko Zauber keiner ist, der sich lange mit der Vergangenheit beschäftigt. Sein Blick geht nach vorne, haftet schon am nächsten Ziel. "Ich weiß, dass im Training noch viel Steigerungspotential ist und genau das möchte ich noch ausreizen." sagt er.

Man spricht oft von einer neuen Generation von Läufern, wenn sich eine neue Lebenseinstellung mit Erfolg im Sport paart. Ob Robin Schembera, Falko Zauber oder Ricardo Giehl, so sind dies doch alles Läufer, die besonders neben dem Leistungssport ihr Leben genießen. Diese Athleten speisen ihr Selbstvertrauen sicher auch aus diesem Lebensstil. Der Gewissheit, dass sie jeder Zeit vom Leistungssport in das Leben eines "normalen" Jugendlichen übergehen können. Das nimmt ihnen Druck, gibt ihnen ein Stück Sicherheit und bringt sie im Sport weiter. Ja, man kann sagen, dass Falko Zauber neben Talent auch die nötige Lockerheit mitbringt um es noch weit zu bringen.

 

Stefan Faiß (10.-29.10.2006) | Kontakt |

 

>Leistungsentwicklung

Jahr      800m     1000m     1500m     2000m     3000m   
2001   2:47     9:48
2002 2:01 2:36   5:54 9:16
2003 1:54 2:31 3:57   8:51
2004 1:55 2:32 3:55   8:51
2005 1:53 2:25 3:47   8:35
2006 1:51 - 3:45   8:25

 

>Anmerkungen:

>Sponsoring: 

 

>Bildquellen: