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Schreiben ist Emotion

 

Schleierhaft legen sich die Nebelschwaden auf der Landschaft nieder, wage Konturen lassen Bäume, Häuser Felder erahnen. Menschen sind bei diesen Bedingungen nur sehr vereinzelt unterwegs, lassen sich nicht vom unheimlichen Nebel verlocken. Trübe, fast geisterhaft Stimmung umspannt das Bild. Ein Bild, dass sich grau in grau auf Papier bringen ließe. Dieses Bild kann ich mit Ruhe genießen, dieses Bild kann ich durchs Fenster, aus meinem warmen Zimmer ohne Sorge in mich aufnehmen.
Denn seit zwei Wochen geht es für mich nicht "raus" in den Wald, seit zwei Wochen verspüre ich nicht das Verlangen nach "Rennen". Ich habe meine Saisonpause als solche voll und ganz umgesetzt. Keine Alternativsportarten, kein "bisschen-Kondition-halten", für mich geht es erst wieder Mitte nächster  vielleicht  Anfang übernächster Woche los mit dem Sport treiben. Bis dahin lasse ich die Finger von jeglichem Sportequipment. Derweil fällt es schwer, dass sich Themen für eine Kolumne zum Laufen ergeben. Denn in diesen zwei Wochen kreisten nur wenige Gedanken darum, habe ich nur selten an diesen Sport gedacht. Aus diesem Grunde will ich einmal über das Schreiben von Kolumnen an sich erzählen, dass ich als solches nun schon seit gut zweieinhalb Jahren auf dieser Seite praktiziere.

Wenn ich schreibe, fällt es nicht darauf zurück, dass ich ständig nach Themen, Ereignissen oder Gedanken suche, die mir vielleicht als Stoff dienen könnten. Das Schreiben ist für mich mehr eine Art des Festhaltens einprägsamer Situationen oder Vorstellungen, die mich meist beim Laufen, manchmal auch beim Sinnieren über Themen, erlangen. Diese Momente, die mich zum Schreiben veranlassen, eröffnen eine Vielfältigkeit an Phantasien, an Visionen, welche sich direkt während des Schreibens oder nachfolgend des Moments  ausbreiten. Hierzu ein Beispiel anhand der Kolumne "Selbst fliegen kann nicht schöner sein"
Ich würde sie als Ursprung meines tatsächlichen, emotionalen Schreibens bezeichnen. Für mich ist am heutigen Tage dieses Erlebnis nahe, als sei es gestern gewesen, eben ein einprägsames Ereignis. Wie es dazu kam ist erst mal unwesentlich, vielmehr ist es interessant, wie es sich von diesem Lauf zur fertigen Kolumne entwickelt hat:

Inhaltlich geht es in dieser Kolumne darum, dass ich einen Dauerlauf im wieder erwachten Frühling absolviere, der mir die parallele zum Fliegen der Vögel darzustellen schien. Ich laufe sozusagen "fliegend" eine meiner Dauerlaufrunden und finden mich gegen Ende im Rausch der Endorphine in einem Olympiarennen wieder. Diese Emotionen, Gefühle blieben in mir hängen, so dass ich ein Jahr später her ging mit dem Ziel diese als solche so realistisch und nahe wie möglich festzuhalten. Für mich war klar, dass man sämtliche Gefühle während dieses Laufes  nach außen kehren musste um es so realistisch als möglich darzustellen. Man setzt sich quasi mit dem Schreiben der ersten Zeilen in diesen Lauf zurück und gibt das wieder, was man erneut vor Augen sieht, was man emotional dabei empfindet. Dies ist die Tür zu einem inneren Kino, deren Bildfläche man von Wort zu Wort, von Zeile zu Zeile mehr und deutlicher wahrnimmt. Währenddessen weiß ich nicht, was genau in den folgenden Zeilen stehen wird, ich weiß auch nicht wie der Text nachher als ganzes aufgebaut sein wird. Das sind alles Dinge, die das Erlebnis "Schreiben" mit sich bringen.
"(...)Immer lockerer und schneller wurde es, ich fühlte mich wie entfesselt. Atem, Schmerzen, Qualen was ist das?" lautet ein Abschnitt aus dieser Kolumne, der diese Form zu Schreiben sehr gut wiederspiegelt. Wie Gedanken fließen die Wörter ineinander über, wie eine lange Kette aus Gefühlen, Emotionen, Erlebtem schließen sie sich zusammen.
Und genau das ist das Schöne, wenn ich Kolumnen schreibe, das ist das Schöne, wenn ich diese Erlebnisse beim Schreiben wieder erfahren kann und ich die richtigen Worte für jeden Augenblick finde.

Wenn ich jetzt schreibe, dass ich nach diesen Zeilen erneut den Blick aus dem Fenster richte, feststelle, dass sich das Grau schon leicht verzogen hat, dass sogar vereinzelt die Sonne durch die dicke Wolkendecke bricht. Wenn ich schreibe, dass ich irgendwie wieder ein wenig Lust auf den Gang "raus" in den Wald verspüre, ist dies  Ausdruck dafür, dass das emotionale Schreiben auch Motivation  freisetzt die sich aus solch einer Kolumne speist. So lese ich mir gerne auch ältere Kolumnen durch: als Motivation, als Erlebnis.

>Danke für den Link bei

Stefan Faiß (09.10.2004)