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Hermann Hesse als Inspiration

 

Es ist nicht unbekannt, dass der Nobelpreisträger für Literatur - Hermann Hesse - eine Zeit lang im Kloster Maulbronn gelebt hat. Doch ist ihm dortige, beinahe militaristische, Art und Weise nicht gut bekommen. Schrieb er doch im Jahre 1892 an seine Mutter: "Die Geigenstunde ist eine Qual ... und im Turnen kann man nicht am Leben bleiben, wenn man allen Befehlen folgt" In der Folge floh Hesse vom evangelischen Klosterseminar aus Maulbronn. Als er in den umliegenden Wäldern wieder gefunden wurde schrieb er wenig später an seinen Vater: "Ich kam in den 23 Stunden in Württemberg, Baden und Hessen herum. Außer der Nacht vom Abend 8 Uhr bis morgens halb 5 Uhr, die ich auf freiem Feld bei 7 Grad minus zubrachte, war ich die ganze Zeit auf den Füßen." Wenig später verließ er Maulbronn endgültig. 

Wenn ich in den Wäldern bei Maulbronn unterwegs bin, wenn ich meine Dauerläufe absolviere, kann ich es nicht leugnen hin und wieder über die Flucht Hesses zu sinnieren. Laufe ich doch oft am Kloster vorbei, streune durch den Wald oder renne über die Felder. Hesse war noch jung, keiner ahnte, dass er später einmal zu den anerkanntesten Schriftstellern der Welt gehören sollte. Daher ist seine Flucht ein Zeichen, dass er den richtigen Weg eingeschlagen hat, dass ihn selbst dieser Elitekreis im Kloster nicht halten konnte, und die darauf folgenden guten beruflichen Aussichten. Er hat, das für sich richtige getan, hat später den Nobelpreis bekommen.

Ich halte mir diese Situation immer wieder vor Augen, wenn ich auf meine Laufstrecken gehe. Man muss sich nicht dem hingeben, was viele für gut halten, man muss auf sich hören, auf sein Gefühl, sein individuelles Empfinden. Das gilt für mich nach einer langen Leidenszeit mehr denn je. Man lernt seinen Körper durch Verletzungen und Krankheiten besser kennen, man weiß jetzt, welche Dummheiten man früher gemacht hat. 90 Kilometer aus der Saisonpause heraus sprechen für eine gute Motivation, für Wille und Biss - lassen aber einen Weitblick missen, lassen den Körper leiden und jegliche Geduld vermissen.
Nun muss ich Konsequenz zeigen, muss mir auch mal das Gute an ein oder zwei Pausentagen eingestehen. Es darf für mich nicht das Ziel sein, wieder Umfänge um die 100km zu schrubben, es darf für mich auch nicht das Ziel sein, mir strikte Trainingsvorgaben einzuhämmern. Vielmehr baut sich mein Training, meine Planung jetzt aus meinem Körper- und Laufgefühl auf. Ich hab  mittlerweile kein Problem mehr in einer Woche nur 50 Kilometer zu laufen, dies zugleich auch noch langsam zu tun. Ich bin jetzt überzeugt und habe mich auch überzeugen lassen, dass mir das manchmal mehr bringt. Was bringen mir 100km, wenn ich danach ausgelaugt bin, was bringen mir 50km, wenn ich danach fit und ausgeruht bin, meinen Körper nicht in ein Tal trainiere? Die Antwort hab ich mir verinnerlicht. 

Doch möchte ich keines Falls den Eindruck erwecken, dass ich nun das Laufen zurückstecken werde, keine schnellen Zeiten mehr laufen will. Es gilt für mich, die Verantwortung meines Trainings, zu tragen. Ich will mich in dieser Methodik bestätig sehen und nicht bei Zweifeln wieder an alte Trainingszeiten anknüpfen. Ich möchte an meinen Leistungen in Wettkämpfen gemessen werden.
So fällt meine Planung für diese Saison auch sehr strikt auf die 10km aus. Vom 09. April an geht es erst einmal für zehn Tage ins Trainingslager nach Italien. Dort werde ich mich hüten, Fehler der letzten Jahre zu wiederholen. Frag ich mich doch im nachhinein, wo denn die Logik liegt, wenn ich - damals mit einer Bestzeit von 36:34min über 10km - selbige Trainingsumfänge und auch Dauerlauftempi laufe wie beispielsweise ein Daniel Lenz - 14 Minuten Läufer über die 5000m. Bombenform im Trainingslager - keine Form in der Saison.

25.04.  Bahneröffnung Weinstadt 3000m 
08.05.  Stadtlauf Illingen 10km
05.06.  Volkslauf "Schloss Gondelsheim" 5km
25.06.  Pforzheimer Citylauf 7,8 km
04.07.  EZ-Citylauf Esslingen 10km

So soll es dann aussehen und am 4. Juli soll es dann unter die 35 Minuten Marke gehen. Das wäre Bestzeit, das wäre das Zeichen, dass ich alles richtig gemacht habe. Ich halte weiter an Hermann Hesse fest, ich laufe weiter auf seinen Spuren und werde vieles auch für mein weiteres Leben übernehmen.

Man lernt aus Fehlern, nicht nur im Laufen...

Stefan Faiß (29.03.2004)

> Dank an meinen Fotograf  Tristan 

>Danke für den Link bei