London - Das Real Madrid der Laufveranstaltungen
Auf den ersten Blick scheinen diese
beiden Sportriesen nichts gemeinsam zu haben. Der eine ist ein spanischer Fußballclub,
der andere Teil eine Laufveranstaltung. Die Rede ist von Real Madrid und dem
London Marathon. Doch wenn man sich einmal die Ziele
beider anschaut, so lassen sich doch einige Parallelen erkennen. Zu Beginn ein
paar Informationen zu den Spanier.
Ein, zwei Jahre ist es her, als sich dieser Fußballclub wieder einmal mit ein paar der besten Fußballer der Welt verstärkt hat. Der französische Welt- und Europameister Zinedine Zidane, sowie, der portugiesische Weltfußballer 2001, Louis Figo unterschrieben einen Vertrag bei den Königlichen. Und wer sich wenigstens ein bisschen im Fußballzirkus auskennt, der weiß, das solche Spieler auch ihren Preis haben. 59 Millionen für Figo und 74 Millionen Euro für Zinedine Zidane, mussten die Madrilenen hinlegen. Geld scheint bei diesem Verein jedoch keine Rolle zu spielen. Hauptsache die Besten der Welt laufen im weißen Trikot von Real auf. Denn nur mit den Besten ist man auch der Beste.
Mit diesem enormen finanziellen Potenzial, scheint kein Spieler dieser Welt unbezahlbar. Wenn Real Madrid einen Spieler will, dann bekommen sie ihn in der Regel auch. Egal ob ein-, zwei oder sogar dreistellige Millionenbeträge. Irgendwann kann keiner mehr widerstehen.
Ganz
so viel müssen die Veranstalter des diesjährigen Londonmarathons, für die
Besten der Welt nicht ausgeben. Doch um einen Haile Gerbrselassie (Nr. 69) für
einen Marathon zu verpflichten, bedarf es dann auch mal rekordverdächtigen
250.000 Britischer Pfund (das sind über 400.000 Euro). Für dieses Geld
müsste Zidane vielleicht gerade einmal einen knappen Monat seine
Fußballkünste ausüben. Mehr bedarf es dann, bei einem Jahresgehalt von etwa 8
Millionen Euro, aber auch nicht.
Die Geldsummen, die beim Fußball im Umlauf sind, wirken Überwältigend im Vergleich zum Laufsport. Doch diese Tatsache wollen wir einmal außer Acht lassen. Vielmehr die Absichten der Sportgrößen, sollen einen Anhaltspunkt für einen Vergleich bieten. Ein Vergleich zwischen Real Madrid und dem London Flora Marathon 2002.
Schon im vergangenen Jahr, gab es viel Schlagzeilen um das Laufspektakel in London. Der 6-malige Crossweltmeister, Paul Tergat, hatte sich sein Marathondebüt mit einem stattlichen Geldbetrag versüßen lassen. Kein anderer Marathonveranstalter wollte und konnte mehr Geld hinblättern. London war in Sachen Antrittsgelder schon damals die Nummer eins.
Dieses Jahr haben die Veranstalter von London noch tiefer in die Tasche gegriffen. Die Creme de la Creme des Laufsports wird dabei sein. Die Stars. Jene Läufer, deren Weg von Titeln und Rekorden gepflastert ist. Viel Geld musste aufgebracht werden, um sie alle in einen Lauf zu stecken. Sie hätten absagen können, und einen sicheren Sieg bei einem weniger stark besetzten Marathon erringen können. Sie entschieden sich aber alle gegen diese Möglichkeit. Das viele Geld mag seinen Teil dazu beigetragen haben.
Ähnliches gilt für Real Madrid. Wer
einen Vertrag der Spanier auf dem Tisch
hat, der lehnt nur im seltensten Fall ab. Selbst Zidane ist vom größten
Verein Italiens, Juventus Turin, zu den Königlichen gewechselt. Eine Rekordablösesumme
war im Spiel. Keiner glaubte damals an einen Wechsel, doch wenn Real Madrid
lockt, dann kann keiner widerstehen. Andere Superstars, wie Raul (ESP), Roberto
Carlos (BRA) oder Fernando Morientes (ESP), wären in jedem anderen Verein die alleinigen
Stars im Team. Hätten weit mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen, als dies bei Real
Madrid der Fall ist. Hier sind sie einer von Vielen. Was die Gründ für einen
Wechsel nach Madrid angeht, so will ich hier keinem dieser Fußballstars einen Vorwurf machen,
aber wegen der schönen Hauptstadt ist wohl keiner zu den Königlichen
gegangen.
Wer einen großen Namen, oder etwas außergewöhnliches vorzuweisen hat, der wird nicht nur von Real Madrid verpflichtet. Auch der Veranstaltern des Londonmarathons setzt dieses Kriterium ganz oben auf seine Liste. Keine Fußballstars, aber dafür Laufstars. Und dieses Jahr sind das einige.
Da werden Läufer wie Abdelkader El Mouaziz (MAR) auf einmal nicht mehr
erwähnt. Er, der diese Veranstaltung 2001 gewonnen hat. Bei jedem anderen
Marathon wäre er der Star gewesen. Doch beim diesjährigen
Londonmarathon ist er nur einer von vielen Mitfavoriten. Zu diesen zählt
sicher auch der Weltbestzeithalter Kahlid Kannouchi (Bild links). Der gebbürtige
Marokkaner, der jetzt für die USA startet, lief als bisher einziger Mensch
unter 2:06h. Er wird sicher um diesen Rekord kämpfen. Nur gegen wen? Vielleicht
gegen Antonio Pinto. Sieger von 2000. damals lief er mit 2:06:36h neuen
Europarekord. Er ist besonders wegen seines starken Finishs für die anderen
gefährlich. Wenn es auf die letzten Kilometer geht, dann kann er noch
einiges zulegen. Was Paul Tergat aus Kenia noch drauflegen kann, wird auch mit
großer Spannung erwartet. Er wird erst sein dritten Marathon überhaupt, in
London bestreiten. Potenzial hat er zu genüge. Dies beweist seien
Halbmarathonweltrekord von 59:17 min. Er will besonders einem Mann Parole
bieten.
Einem Mann der in den letzten Monaten ganz besonders im Fokus der Medien gestanden hat. Der Name des Marathondebütant lautet Haile Gebrselassie (ETH). Sozusagen der äthiopische Zidane. Er ist der große Star von London. Wie sein französisches Pendant, ist auch er Weltmeister geworden. Auch für ihn wurde die höchste Summe auf den Tisch gelegt. Eine Weltrekordsumme in dieser Sportart. Wie Zidane soll auch er, sein Können zeigen. Ob mit oder ohne Ball. Er soll die Weltbestzeit unterbieten. Was ihn so interessant macht? Die Tatsache, dass er der dominierende Mann auf der Tartanbahn war, Weltrekorde über 5000 und 10000m auf seiner Seite hat, machen sein Debüt so vielversprechend. Seinen Einstieg auf der Straße, ließ er sich gleich mit einem Weltmeistertitel im Halbmarathonlauf vergolden. Auch ein Sieg beim diesjährigen Lissabonner Halbmarathon in 59:40min, stärkt ihn in seiner Favoritenposition. Jedes Rennen, in den letzten Monaten vor London, wird gespannt verfolgt. Jede Zeit, jede Platzierung bietet Stoff für neue Prognosen. Weltbestzeit, Sieg, Favoriten, nichts bleibt ohne Worte.
Was London Real Madrid
voraus hat, ist die selbe Popularität des Frauensports. Fast
mit selbiger Aufmerksamkeit wurde das Frauenfeld beäugt. Auch hier scheint
Geld nicht unbedingt ein Hindernis zu sein. Die 2-malige Cross und
Halbmarathonweltmeisterin Paula Radcliffe (GB) (Bild rechts), wird ebenfalls ihr Debüt geben.
Alles andere hat sie in diesem Jahr untergeordnet. Sogar die
Crossweltmeisterschaften stellten nur eine Durchgangsstation, auf dem Weg nach London
dar. Sie wird sich in einem Feld mit Deratu Tulu (ETH), Joyce Chepchumpa (KEN) oder
Swetlana Zacharowa (RUS) wiederfinden. Alles Namen die das Marathonherz höher
schlagen lassen. Eine neue Weltbestzeit wird es wohl nicht geben, aber mit
Sicherheit ein sehr schnelles Rennen.
Wir sehen also, dass sowohl Real Madrid, als auch der London Marathon ein gemeinsames Ziel haben. Sie wollen beide die Besten der Welt verpflichten. Um Erfolg zu haben und Titel zu gewinnen, oder als Attraktion, um neue Sponsoren zu gewinnen und noch mehr Interesse zu wecken.
Wir werden sehen, ob sich die Investitionen gelohnt haben. Dann wenn am 14. April der Startschuss zum London Marathon 2002 fällt. Dann wenn die teuren Stars ihr Antrittsgeld bestätigen müssen. Ihre Leistung abrufen, für die sie verpflichtet wurden.
Und was Real Madrid, mit der Verpflichtung der vielen Fußballstars erreichen wird, dass sehen wir spätestens am 2. April. Denn an diesem Tag trifft der Nobelverein in der Champions League auf den FC Bayern München.
Natürlich wäre das Medieninteresse bei einem neuen weltrekord von Haile Gebrselassie viel geringer, als wenn Zidane & Co die Champions League gewinnen würden. So ist es zumindest heute noch. O.K. in Zukunft wird die Leichtathletik dem Fußball auch keine Angst einjagen können. Aber vielleicht ist der Weg, den London geht der Richtige. Denn heutzutage scheint nur noch derjenige Interessant zu sein, der mit hohen Geldsummen in Verbindung gebracht wird. Das fasziniert, das liefert neues Diskussionsmaterial. Damals Tergat, jetzt Gebrselassie, die hohen Summen haben ihren Teil dazu beigetragen, dass sie öfters in den Medien präsent waren. Man kennt sie jetzt nicht mehr nur in Fachkreisen. Die Leute müssen mehr, als nur Resultate von den Leichtathleten erfahren. Schlagzeilen müssen her. Und die Schlagzeilen im Fußball, bestehen weiß Gott nicht nur aus Ergebnissen.
Anmerkung:
Den London Mrathon gewann bei den Männern, in einer neuen Weltbestzeit von 2:05:38h, der Amerikaner Khalid Khannouchi. Bei den Frauen siegte überlegen, die Britin Paula Radcliffe in 2:18:56 h.
alle Ergebnisse unter www.london-marathon.co.uk
Das Champion League Viertelfinale entschied Real Madrid für sich. Sie kamen durch ein 1:2 und 2:0, gegen Bayern München, ins Halbfinale.
Stefan Faiß (26./27.03.2002)