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Tabuthema: Von Magersucht im Laufsport

 

Können Sie sich an den Fall "Frank Löffler" erinnern? Jener Skispringer, der sich der, vom Bundestrainer auferlegten, Gewichtsreduktion widersetzte? Der sich die Formel Körpergröße minus 120 = optimales Körpergewicht  nicht aufzwingen ließ. Alle sagten Sie, dass er doch Recht habe, dass man Kaderzugehörigkeit doch nicht von dem Gewicht eines Athleten abhängig machen dürfe. Erfolg zählt doch, nicht Voraussetzungen. Jetzt redet keine Sau mehr über Frank Löffler, haben die Erfolge von Uhrmann und Späth sowie der ich-weiß-nicht-woran-Sven längst verschleiert was eigentlich da gewesen war. Man hat doch Erfolg - die Jungs halten Gewicht, bleiben im Kader. Da wird doch öfters der große Besen rausgeholt, wird vieles unter den Teppich gekehrt. Kein deutscher Skispringer ist magersüchtig? Was dann? Wenn man auf Bildern in der Sommerzeit jede Rippe einzeln sehen kann, wenn zwischen Haut und Knochen kein Fleisch mehr zu sein scheint fehlt mir der Glaube an die vielen Dementis. Dürfen wir hier den Mund halten und zuschauen? Rechtfertigt der Erfolg das? Wo liegt die Grenze zwischen Gesundheit, Wohlbefinden und Siegen?

Ich muss keine Sekunde überlegen, um allein fünf Läuferinnen der deutschen Spitze nennen zu können, deren Schicksal ebenfalls der Devise: Erfolg rechtfertigt Magersucht unterliegt. Woran erkennt man Magersucht im Laufsport? Das ist nicht sonderlich  schwer. Da gibt es auf der einen Seite die geborenen Dünnen, die einen schmalen Körperbau haben, deren Knochenbau eben ein tiefes Gewicht rechtfertigt. Wo keine eingefallenen Wangenknochen zu sehen sind, wo noch etwas zwischen Haut und Knochen ist.  Hierzu zählen die Kenianer, die sehnigen Läufer. Auf der anderen Seite die dünngehungerten Athleten. Der Typ, bei dem das Skelett das Aussehen prägt, wo Fasern, Muskelstränge deutlich zu sehen sind. Das sind die, bei denen eingeschritten werden muss.
Jetzt kann man sich überlegen, ob wir im Laufsport nicht ein ähnliches Problem wie im Skisprungsport haben. Schweigen Trainer nicht auch, wenn der Erfolg da ist, man aber nicht verkennen kann, dass hier jemand dringend Hilfe braucht. Wieso lässt hier keiner mal die Hosen runter und zeigt auf, was nicht sein kann? Ich werde sicher keine Namen nennen, das darf man ja nicht, schaut man doch lieber auf sich, redet hinten rum. Magersucht ist nicht bloß Untergewicht, Magersucht ist eine lebensbedrohliche Zerstörung von Organen und Lebensqualität. Man merkt es, wie so vieles, erst wenn es zu spät ist. Magersucht fängt früher an, als man denkt.
Bei vielen ist eben der Trugschluss im Kopf:  Kenianer sind sehr dünn, Kenianer sind sehr schnell. Folglich:  Sehr Dünne sind sehr schnell. Problem ist, dass Kenianer nicht magersüchtig sind, dass Kenianer einfach so dünn sind, ohne strenge Diät, Abmagerung.  Europäer können durchaus auch eine Annäherung an deren Körperbau mitbringen, fallen somit auch nicht unter die Rubrik der hier angesprochenen. Was aber mit denen die diese Dünnheit erzwingen wollen? Durch Nahrungsreduktion, Hungern? Die werden geduldet, da wird kein Startverbot ausgesprochen oder Hilfe angeboten. Einige Trainer und Funktionäre müssen sich hier einmal Gedanken machen. Solang man schnell ist wird man gelobt, wenn der Erfolg schwindet steht man auf einmal alleine da. Magersucht hin oder her - dann ist Hilfe ohnehin erforderlich.
Jüngst gibt es doch ein wunderbares Gegenbeispiel zu der hier angesprochenen Problematik. Der neue Überläufer Kenenisa Bekele aus Äthiopien ist doch keiner dieser Dünnheimer (©CS), sondern ein kräftiger und  gesunder Läufer. Waden und Oberschenkel heben sich hier deutlich von den Knochen ab. Wieso nicht an so einem festhalten? Den kümmert es sicher einen "Feuchten", ob seine Konkurrenten nun weniger wiegen als er. Der Kenenisa kann eine 52er Schlussrunde hinbacken - aus seinen kräftigen Beinen kann noch Power kommen, ist Spurt- sowie Ausdauerkraft da - bewiesen durch 5 Weltmeistertitel. Um einmal zu sehen, was dieser junge Mann widerlegt, ein kleines Zahlenspiel: 54 Kilogramm auf lediglich 1,60m ist ein BMI  - (Körpergewicht (kg) / Körpergrösse (m)² - von 21,09, was in Tabellen als Normalgewicht für Nichtläufer nachgelesen werden kann. Im Spiridon Laufmagazin war der ideale BMI für einen Läufer mit 17 bis 19 ausgegeben. Was sagt uns das? Geben Sie sich selbst die Antwort.
Menschen sind so gebaut wie sie geboren werden. Sie laufen am schnellsten, wenn sie sich am wohlsten fühlen. Ich denke, das ideale Körpergewicht jedes einzelnen regelt der Körper durch die absolvierten Trainingspensen selbst. Laufen soll Sport sein, Laufen soll Freude bereiten - bei vielen spricht der Körper eine andere Sprache. 

Stefan Faiß (17.02.2004)

>Danke für den Link bei