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Anfeuerungszurufe und ihre wahren Bedeutungen

Erst kürzlich war ich bei den Deutschen Crossmeisterschaften in Bad Dürrheim. Zum Zuschauer verdammt konnte ich in aller Ruhe die Rennen von jung und alt verfolgen. Und als dort der letzte Lauf gestartet wurde - die Männer Langstrecke - kam die beste Stimmung dieser Veranstaltung auf. Speziell am Berg und auf der Zielgeraden tobte der Bär. Ich, mittendrin, war natürlich auch gut dabei, zumal Daniel im Lauf der Asse mitkämpfte. Die Trainer, die Eltern, die Läufer/innen, die bereits die Anstrengung in einem vorherigen Lauf vollbracht hatten, und herbeigeströmte Zuschauer aus der Umgebung waren lautstark an der Strecke zu Gange.

Da bekommt man natürlich einiges mit, hört zu, wenn die Zuschauer ihren Läufern Feuer unterm Hintern machen. Zurufe unterschiedlichster Gattungen haben mich dazu bewogen, diese einmal in einem anderen Licht darzustellen. Hierbei spielen meine Erfahrungen aus unzähligen Läufen natürlich auch mit hinein. Ich möchte dennoch einmal festhalten, dass diese Analyse nicht immer ernst zu nehmen ist (waren sie das denn jemals? ;) )

Zuruf

Zeitpunkt / Situation

Analyse

Fazit

"Tu mal was!"

Dieser Zuruf erfolgt meist dann, wenn der Zuschauer/Trainer nicht ganz zufrieden ist. Entweder klebt der Athlet/die Athletin hinter einem/ einer Langsameren, oder es hat sich eine Lücke aufgetan, die es zu schließen gilt.

Man muss sich die Situation einmal klarmachen, bevor man zur Analyse übertritt: Es ist ja nicht so, dass man bei so einem Crosslauf ohne weiteres einen Gang höher schalten kann, um erwähntes zu schaffen. Nein, man muss sich vorstellen, dass der Athlet/ die Athletin voll am Anschlag läuft. Der Puls schlägt im roten Bereich, die Lunge arbeitet maximal und die Kräfte - na ja, sofern überhaupt noch welche vorhanden sind - reichen gerade noch aus, um mit diesem Tempo ins Ziel zu kommen. Was will man denn da noch machen? Eine Pause? Handstandlaufen? Nein, man "tut" doch schon alles. Wobei eine Gehpause sicher nicht schlecht tun würde.

Sinnloser Zuruf, denn mehr tun, als alles geben kann man nicht.

"Das ist dein Tag. Auf geht's!"

Zuruf erfolgt meist in der ersten Hälfte des Rennens. Meist ist der Trainer derjenige, der das den Athleten/ die Athletin wissen lässt. Dabei befindet sich der Athlet/ die Athletin meist auf einer Position, die außergewöhnlich für deren Wettkampfvorstellungen bisher war, nicht aber für deren Trainingsleistungen. 

Wie, das ist mein Tag? Seit wann gehören einem Tage? Kann man die kaufen, mieten, gewinnen? Na toll, wenn das so ist, wenn das wirklich mein Tag ist, was mach` ich dann hier bei dieser Schinderei, bei dieser Schlammschlacht? Das sind doch meine 24Stunden. Tagesmieten, Tagesanteilsverkäufe würde ich einführen. Verreisen, etwas besonders würde ich an meinem Tag tun. Aber rennen?

Diese Art von Aufmunterung sollte eher gegen Ende dem Läufer/ der Läuferin ins Ohr gelangen. Die Gefahr, sich sinnlose Gedanken zu machen, welche das Rennen negativ beeinflussen könnten, wären zu groß.

"Mach mal ein bisschen Druck!" Zuruf, der den Trainer unzufrieden erscheinen lässt. Es ist meist noch genug Zeit Plätze gut zu machen. Tendenziell nimmt der Athlet/ die Athletin diesen Zuruf mit einer Reaktion auf.  Es soll ja Leute geben, die vor einem Wettkampf ziemlich nervös sind, die alle 10 Minuten auf das Klo könnten. Bei solchen Athleten/Athletinnen sollte man mit dem Wörtchen "Druck" daher sehr vorsichtig sein. Manch einer/eine hat noch während des Rennens mit Druck im unteren Bereich zu kämpfen! Da will man auf die Toilette, aber es geht halt nicht. Druck sollte da der Trainer nicht weiter anfordern! Läufer-/ Läuferinnen- Mobbing während der Rennes sollte im Fairplay-Sport Laufen nicht zu Gange sein.

"Zeig mal was - du hast gut trainiert!"

Meist spricht der Trainer diesen Satz aus, da er weiß, dass sein Schützling durch gute Trainingsergebnisse weiter vorne mitlaufen müsste. 

Solche sexistische Aussagen können beim Athleten/ bei der Athletin eher Wut, Fragwürdigkeit oder auch völlige Entrüstung ausrufen. Denn wenn man sich an der Schmerzgrenze befindet, hat man dazu keine Lust! Und eine Sportveranstaltung diesen Charakters eignet sich tendenziell nicht dafür. Vielmehr sollte man sich voll und ganz aufs Laufen konzentrieren. Also Kleider anlassen!

Absolut fehl am Platz und somit gänzlichst zu vermeiden!

"Komm! Nur noch x Runden! /x Meter!"

Ein Zuruf, der meist dann erfolgt, wenn der Athlet/ die Athletin keinen guten Eindruck mehr macht. Es gilt quasi als Mutmachung, dass der Athlet/ die Athletin die ausgerufenen Runden/ Meter noch bestmöglich schafft.

Was geht in den Köpfen vieler Läufer/ Läuferinnen während des Rennens vor? Was bläut einem der Trainer vor einem Lauf ein? "Denk nicht an die Runden, konzentrier dich auf den Lauf!" wurde mir immer gesagt. So versuche ich jeglichen Gedanken  in Richtung Reststrecke zu unterdrücken. Und wenn ich das dann halbwegs schaffe - klar, der Sprecher und die Zuschauer lassen mich in aller Deutlichkeit wissen, wie lang es denn noch ist. Die Wörter "nur noch" grenzen ja fast schon an Sarkasmus.

Spitzen Muntermacher, wenn man von den Anstrengungen her zu diesem Zeitpunkt schon aussteigen könnte.

"Sehr schön, weiter so"

Der Läufer/ die Läuferin stellt den Trainer voll und ganz zufrieden. Meist in der Spitzenposition/-gruppe befindend, läuft für den Athlet/die Athletin alles nach Plan.

Endlich mal was positives! - möchte man meinen, aber bei genauer Analyse kommen ganz andere Ansichten zum Vorschein. Wenn dem Athleten/ der Athletin endlich einmal ein gutes Rennen gelingt, will er/ sie nicht solche "alles normal, das hab` ich erwartet" -Anfeuerungen hören. Das ist vielleicht eine Leistung, die man nur einmal in der Saison schafft, da will man etwas mehr Anerkennung.

Jaaaaa, was soll ich sagen: "Gute Absicht mit negativer Wirkung" vielleicht?

"Orientier` dich nach vorne!"

Meist ein Aufruf, wo die Hoffnung der Vater des Gedankens ist. Der Athlet/ die Athletin hat schon einige Plätze verloren, man sieht ihm/ihr an, dass nichts mehr geht. In Ausnahmefällen auch in umgekehrter Situation angewandt.

Vorne? Ich kenne Norden, Osten, Süden und Westen, aber vorne? Das hab` ich mir früher immer mit " Nie Ohne Seife Waschen" gemerkt. Aber jetzt soll ich mir während des härtesten Wettkampfes meines Lebens Gedanken über ein neues Weltbild machen?  "Nie Ohne Seife Viel Waschen" wäre eine Möglichkeit. Auf was die Zuschauer alles kommen...

Ein klassischer Fall von "Hobbyphilosophie-fehl am Platz"

Endfazit: "Schwätzad koin Scheiß, mached Krach!" (Versuchte schwäbische Mundart) (=Lärm in seiner ursprünglichen Form gibt dem Athleten/der Athletin am meisten Auftrieb!)

Vielen Dank für den Link auf laufen-aktuell.de

Stefan Faiß (09.03.2003)