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Deutsche Läufer und Läuferinnen können was bewegen!

 

"Baumann weg - alles weg" lautet leider die gegenwärtige Situation  im läuferischen Bereich der Männer. Jahrelang das Zugpferd gewesen, hat sich der weiße Kenianer aus dem professionellen Laufzirkus verabschiedet. Er, der noch bis München die internationalen Aufmerksamkeit im Männerbereich - zusammen mit Nils Schumann - für Deutschland bündelte. Er kann nun nicht mehr für internationale Medaillen sorgen. Auch Olympiasieger Schumann, von dem man sagt, dass es ihm nach all den grandiosen Erfolgen ein wenig an Motivation mangle versucht es nun mit einem neuen Trainer. Es ist zu bezweifeln ob er jemals wieder an alte Zeiten anknüpfen kann. Auf ihm Ruhen nun die Hoffnungen - mehr denn je, nach Baumanns Rücktritt. Andere Athleten sind nicht in Sicht. Unsere Olympiasieger wanken oder sind abgetreten und Deutschland steht im Laufbereich mit leeren Händen da. Deutschland ist leider nur noch "Weltmeister der Ausreden".
 

 

So könnte ein normaler, objektiver Bericht lauten, der von einer Zeitung herausgegeben hätte werden können. So wird die Situation des deutschen Laufbereichs geschildert und schlechtgeredet. Das ist aber absoluter Schwachsinn, denn solche Artikel demontieren, demotivieren, anstatt sie lieber fördern und weiterhelfen sollten. 

   

Es mag sein , dass sich auf den ersten Blick dort eine enorme Lücke auftut, das kein Land in Sicht ist; denn die meisten jammern, wenn sie sehen, dass zum Beispiel ein Martin Beckmann gerade einmal eine 2:15:14 im Marathon läuft und damit die deutsche Spitzenposition einnimmt. "Oh Gott, selbst die schnellste Frau, Paula Radcliffe, hätte nur ein paar Meter Rückstand auf ihn gehabt." Schon ist die Krise ausgemacht, werden die deutschen Läufer schlechtgeredet, abgeschrieben. Was aber ist mit der Tatsache, dass Martin Beckmann gerade einmal 25 Jahre alt ist und dass er noch mindestes 5 Jahre hat, um sein Potential auszuspielen. Da ist eine 2:15 sehr ansprechend; durchaus in einem Bereich, den sein Alter gerechtfertigt. Aber nein, mal will hier und jetzt einen Mann, der unter 2:10h läuft. Das ist aber momentan nicht drin. Wir haben doch Gewissheit, dass das wohl in 2 bis 3 Jahren anders aussehen wird. Wieso also jammern? Die ganze Zeit diese miese Stimmung, dieses Leichtathletik-ist-Randsportart-Getue. "Deutsche Läufer sind schlecht, schaffen eh nicht den Sprung in die internationale Spitze." scheint das Motto, die Einstellung zu sein. Erst Recht nach Baumanns Rücktritt.

 

Aber wir können uns doch freuen, haben wir doch eine Dichte an deutschen Nachwuchsläufern und Läuferinnen wie kaum anderswo in Europa. Allein zwei U-20 Europameister über 800m bzw. 3000m Hindernis. Zahlreiche Top-5 Platzierungen in Europa. Dazu etliche Leute, die ausgefallen waren und somit die Chance verpasst haben, ihre Klasse zu zeigen. Deutschland ist eine Nation mit einem enormen Potential. Das fängt bei Johannes Raabe an und hört bei Rene Herms auf. Eine Generation die Biss hat und es zu etwas bringen wird. Herms beispielsweise ist gerade mal 21 Jahre alt und schon im Endlauf bei der EM in München gewesen. Hinzu kommen 2 internationale Titel im Nachwuchsbereich. Ein absoluter Top-Mann. Keine Spur von Nachwuchsmangel. Da brauchen wir auch nicht neidisch zu den angeblichen Läufernationen Frankreich oder Spanien schauen. Hier sind doch ebenfalls Leute die außergewöhnliches leisten.

   

Das möge dem ein oder anderen gar nicht bewusst sein. Man klagt lieber über die angeblichen Probleme, die Hinderungsgründe, die ich hier aber nicht aufzählen werde. Weil wir Leute brauchen, die nicht zweifeln; weil wir Leute brauchen, die trotz aller Umstände ihren Weg gehen. Und die haben wir. Ruben Schwarz beispielsweise hat sein Abitur auf einem gewöhnlichen Gymnasium geschafft und ist trotz Schule Europameister geworden. Es geht sehr wohl.  Baumann hat doch auch eine Berufsausbildung gemacht und den Weg über die Sportfördergruppe der Bundeswehr in die Weltklasse geschafft. Das ist doch heute auch noch drin, zumal im Studium der Freiraum noch flexibler gehandhabt werden kann. Ich behaupte fast zu sagen, dass Deutschland ein Land ist, wo der Sport durchaus gefördert wird.

    

Bauschinger, Schwarz, Schulz, Mohr, Pollmächer, Klein Atz, Koch um nur eine kleine Palette der Namen zu nennen, die es schaffen können, nein: Schaffen werden! Auf die Stärken besinnen, nicht über mangelnde Unterstützung klagen, Ausflüchte suchen. Auch ist es falsch zu sagen, dass sich die aktuellen Läufer nicht mehr so quälen könnten wie früher. So ein Quatsch! Solche Aussagen sind absolut nicht zu halten. Wie sehr sich ein Wolfram Müller schinden kann, wie tief Athleten in den roten Bereich gehen muss nicht gefragt werden, weil jeder das Maximum rausholt. Das hat nichts mit Früher oder Heute zu tun. Wer Läufer ist kennt die Sterne. 

Unübersehbar ist auch, dass eine große Konkurrenz zwischen dieser neuen Generation herrscht. Es ist ja nicht so, dass da überall ein, zwei das Geschehen dominieren. Diese Jungs treiben sich zu Bestleistungen, sorgen dafür, dass es vorwärts geht. Euphorie, Motivation; gebt diesen Jungs was sie brauchen, gebt diesen Jungs noch ein bisschen Zeit. Deutschland hat keine Nachwuchssorgen, Deutschland hat Läuferscharen. 

 

Und bei den Frauen? Dort gibt es eine Irina Mikitenko, eine  Luminita Zaituc oder eine Sonja Oberem. Allesamt Läuferinnen, die zumindest in Europa Spitze sind. Da scheint die öffentliche Meinung noch nicht die Messer zu wetzen, sind doch die Frauen regelmäßig für Schlagzeilen gut. Marathonsiege und deutsche Rekorde sind hier wohl die Hauptpunkte, welche die öffentliche Meinung ruhig stellen. Eine Bank, die hier - wie bei den Männern durch Baumann gewesen - verdeckt, was die Meute der Presse in ein paar Jahren feststellen wird. Wenn eine Mikitenko, wenn eine Oberem und wenn eine Zaituc die Laufschuhe an den Nagel hängen.

 

Was dann? Wieder jammern? Wieder klagen? Nein, nicht klagen, nicht analysieren und ausarbeiten wo denn die Fehler liegen würden. Wir haben auch hier, wenn auch nicht so zahlreiche wie im männlichen Bereich, Athletinnen, die nachrücken werden. Ich sage nur Sabrina Mockenhaupt. Auch sie, ähnlich wie Herms, gerade einmal 22 Jahre jung. Und eine 8:44 über die 3000m in diesem Sommer zeigen, dass die Entwicklung weiter geht. Da stockt nichts. Da gibt es im besten Läuferinnen-Alter eine Yvonne Teichmann, eine Melanie Schulz oder eine Kathleen Friedrich, die wenn sie wieder fit sind und weiter gearbeitet wird, internationales Format besitzen, die sich alle noch verbessern können. Claudia Gesell hat bewiesen wie es geht. Sie ist wieder dabei, hat sich sogar in der Weltspitze etabliert. Ja, ganz recht: Eine 25-jährige Deutsche ist unter den besten 8 in der Welt. Da wird gearbeitet, da ist kein Stillstand. Es bedarf nur Zeit, Zeit die sich zwischen den Athletinnen um die 30 Jahre und den Jungen, um die 20, auftut. 

 

Und das ist weit nicht das Ende der Fahnenstange. Athletinnen wie Kerstin Werner, wie Christine Schleifer, Felicitas Mensing, Verena Dreier, Janina Goldfuß oder Doreen Klose die sich zur Zeit in einer Dynamik befinden, die rasant voranschreitet, stehen schon als nächstes bereit. Auch sie mit Potential, dass weit nicht ausgeschöpft ist. Und vor allem sind das Athletinnen, die nicht wie das so oft publiziert wird, ein bisschen Sport betreiben und schnell die Lust verlieren, wenn es nicht läuft. Das ist eine Generation, die die Zeichen der Zeit erkannt hat, die weiß, dass Leistung immer gebracht werden kann. Nicht für die Trainer, für den Verband oder sonst was, nein: Für sich selbst. Laufen für sich selbst, sich auf seine Stärken zu konzentrieren und weghören, wenn wieder gejammert und schlechtgeredet wird. Auf dem Weg gilt es zu bleiben, egal, ob er über eine Schlucht führ oder durch einen Berg. Immer weiter, immer weiter geht es. Fördert den deutschen Laufbereich. Unterstützt und glaubt an das, was mit Sicherheit erreicht werden kann. 

Ich will hiermit einen Teil dazu beitragen, dass wieder bewusst gemacht wird, dass es die Leichtathletik noch gibt. Wir brauchen eine positive Stimmung, eine die den Jungen weiterhilft. Da ist es  auch nicht ganz richtig, wenn ein Tim Lobinger mies macht, provoziert. Ja selbst die Schelte von Dieter Baumann, dass eine Generation verschlafen worden sei, bringt uns nicht weiter. Veranlasst eher dazu wieder nach Ausflüchten zu suchen. Es wird noch hart gearbeitet, es werden noch Opfer gebracht. Da gilt es die Energie hineinzustecken. Es ist eine neue Generation die viel erreichen wird, die nur an sich  glauben muss. Es ist jetzt so! Helft und gebt alles, dass wir nach vorne schauen und die jungen Athleten nicht in Altem erdrücken.

Stefan Faiß (05.10.2003)

:::Danke für den Link auf laufen-aktuell.de