Seuchenjahre sind Kämpferjahre!
Seuchenjahre sind in der Regel Jahre an denen einem das Pech am Fuß klebt, man von einem Fettnäpfchen ins andere tritt. Ich befinde mich aus sportlicher Sicht zur Zeit in einem solchen. Mein Training, meine Wettkämpfe sind mit dem Laster Krankheit-und-Verletzung versehen. Erst legte mich eine Grippe vier Wochen flach. Wenig später folgte eine Seitenstrangangina: wieder drei Wochen Pause. Nun laborier ich an Achillesseheproblemen und komme einfach nicht auf Touren. Doch momentan ist es kein Weltuntergang für mich, da ich weiß, dass ich das Abitur in der Tasche habe und eine ziemlich schöne Zeit nun ansteht - zumindest bis zum Studium.
"Du musst deine Form halten, darfst nicht aufgeben, musst am Ball bleiben. Es ist noch Zeit, viel Zeit bis die Saison wieder ade sagt." wurde mir Mut gemacht. Das hört sich gut an, das klingt vielversprechend, mutmachend. Ich habe diese Wort verinnerlicht, habe sie zu meinem Motto erkoren, als Leitfaden für die kommenden Wochen, die schweren Wochen. Es kann nur noch besser werden, andere haben das auch schon durch gemacht.
Was war das für ein Rückschlag als ich nach zwei Wochen ohne Schmerzen an meiner Achillessehne wieder anfangen wollte, wieder durch den Wald rennen wollte. Im Trikot und mit kurzen Hosen nahm ich den warmen Frühlingsabend in empfang, freute mich auf die Jägerhausrunde. Sie ist eben, verläuft auf Waldboden und beinhaltet somit die idealen Eigenschaften für ein Wiederbeginn. Es ging hervorragend, ich hatte meine Form durchs Aquajoggen konservieren können, fühlte mich nicht wie nach zwei Wochen Saisonpause. Ich war dennoch vernünftig und lief relativ langsam, rollte ab, um meine Sehne zu schonen. Nach 15 Minuten dann die Euphoriebremse, ich war schockiert, es tat wieder weh. Der Weg zurück war hart: Es tat nicht richtig weh, aber ich wusste, wenn ich weiter laufen würde kämen auch die richtigen Schmerzen wieder.
Also wieder Alternativtraining, wieder ins Wasser. Ich wollte dran bleiben, ich will dranbleiben. Ein zwischenzeitlicher Arztbesuch schadete mir mehr, als dass er mir half. Schonen ist wieder angesagt. Eine chronische Entzündung gilt es zu vermeiden. Horrorvisionen schossen mir durch den Kopf: Nie wieder laufen, nie wieder rennen. Da kam mir unsere Abschlussfahrt Anfang der Woche gerade recht. Ich musste auf andere Gedanken kommen: Kein Wort über Laufen, keine Ergebnisse, keine Ausschreibungen.
Dies gelang und ich konnte es voll genießen, war begeistert von unserer Brüsselfahrt. Und wo ich doch nicht laufen konnte spulten wir dennoch täglich etwa 10 Gehkilometer ab. Zum Atomium, ins EU-Ratsgebäude, hinüber zum Europäischen Parlament, in die Kommission oder zur Landesvertretung Baden-Württemberg. Es war sehr informativ und lustig, erholsam aber nicht. Auch unsere Ernährung fiel sehr "unsportlich" aus: Friten, Cola, Waffeln oder Baguette waren unsere Verpflegung. Gestern ging's dann wieder heim und für mich damit in die Zeit der Erholung - relaxen und schlafen.
Doch kaum schau ich heute morgen in die Zeitung sehe ich auch schon einen Artikel zum Esslinger Stadtlauf am 6. Juli. "Nein, dass ist zu früh, bleib vernünftig" versuch ich mich zu bremsen. Das sind noch knapp 2 Monate, vielleicht reicht es ja.. Ich werde trotzdem noch mindestens 2 bis 3 Wochen pausieren, alternativ trainieren, aber ein Ziel hab ich nun wieder vor Augen. Dieses Ziel gilt es zu erreichen. Verletzungen und Krankheiten mögen mich physisch außer Kraft setzen, psychisch bin ich jedoch schon wieder im Training. Ich gebe nicht auf, ich werde wieder laufen.
Für mich sind Seuchenjahre Kämpferjahre.
Stefan Faiß (16.05.2003)